die erzählungen jareths

im folgenden kannst du dir einen auszug aus meinen kurzgeschichten "die erzählungen jareth's" durchlesen. die geschichten spielten sich damals in einem foren-rollenspiel namens "tahran" ab, ich habe sie dann in worte gefasst und weitergesponnen. die typischen fantasy-elemente sind natürlich enthalten, und sonderlich neu ist das alles auch nicht mehr. erwartet nichts weltensprengendes.

Die folgenden Wörter entstammen alle aus dem Munde Jareth’s, als er in der Freien Zone in einer schummrigen Taverne den neugierigen Menschen aus Garanien den grausamen Weg von seiner Heimat bis hierher beschrieb.

„Elender Mensch, erwache und blicke auf dein Dorf...“
Mit Schmerzverzogenem Gesicht schaute ich in die Leere.

„Wie du siehst, ist nichts mehr davon übrig.“ gurgelte der Goblin-Anführer und sah mich mit weiten Augen an. „Eure Wintervorräte sind die Besten im ganzen Land, wusstet ihr das? Euer Lebenserhaltungstrieb scheint fast so groß zu sein wie euer jämmerlicher Drang nach Liebe und Verbundenheit. Sei froh, dass du nicht hier warst, Jareth.“

„Woher weißt du meinen Namen?“ fragte ich den rothäutigen Schlächter.

„Deine Frau hat ihn mir verraten... während sie an dem Pfeiler hing, an den du nun gebunden bist, Jareth. Sie sagte, er würde kommen und uns alle töten.“ Die Horde lachte. Ich fühlte mich schwach und hilflos. Er redete weiter.

„Kurz darauf haben wir ihr gezeigt, wie man Kinder brät. Das wäre doch ein guter Speisevorrat für euch gewesen, nicht wahr?“

Ich brach in Tränen aus, weil ich ihnen jedes einzelne Wort geglaubt habe. Diese Schweine töteten diese kleinen Wesen auf grausamste Art und Weise, vor den Augen ihrer wimmernden Mutter. Ich hasste diese Kerle.

„Deine Frau ließen wir als letzte am Leben, sie hat die Hoffnung auf deine Rückkehr nie aufgegeben. Leider bist du genau einen Tag zu spät, Jareth. Du hast sie im Stich gelassen.“

„NEIN!“ brüllte ich auf und spuckte dem Mistkerl zwischen die Augen. Er wischte sich verachtend durchs Gesicht, dann gab er seinen Leuten Handzeichen, die eindeutig besagten, dass sie den Heuhaufen unter meinen Füßen anzünden sollten. Jetzt erst wurde mir klar, dass ich auf einem Scheiterhaufen stand. Das Feuer züngelte sich um meine Stiefel, meine Füße wurden heiß. Es wurde wärmer und wärmer, bis mir erneut die Augen zufielen und ich ohnmächtig wurde. Dies konnten sie nicht auf sich beruhen lassen. Wie viele ereilte dieses Schicksal gestern, dachte ich mir, als sie mich solange schlugen, bis ich die Augen aufriss und ein letzter Lebensfunke in mir erwachte. Wie gern hätte ich mit all meiner Kraft den Stamm aus dem Boden gerissen und jeden Einzelnen mit meinem Schwert zerlegt. Als es endlich mit mir zu Ende ging, sah ich oben auf dem Gebirgsgipfel zwei weitere Gestalten. Sie blickten ins Tal und ich sah zu ihnen herauf. Einer von ihnen spannte seinen großen Bogen und zielte auf den Goblin-Meister, welcher, vom Pfeile durchbohrt, tot zu Boden fiel. Die anderen rannten panisch umher, meine Weste fing Feuer. Vom Gebirgsgipfel regnete es nun immer mehr Pfeile auf die Viecher herab. Sie schrieen und fielen, und mit diesen Bilder im Auge verschwand ich im Nebel des Todes.

Die beiden Thorn-Brüder waren es, die mich abschnürten und die gesamte Bande töteten. Ich habe auf der ganzen Linie versagt, sie hätten mich sterben lassen sollen. Neben den grausamen Schmerzen am gesamten Unterkörper kam nun noch die mentale Schmach hinzu. Ich habe meine Frau dem Tod überlassen, ich kam zu spät.

„Jareth, bleib einfach liegen und beweg dich nicht. Hier, wir haben so ziemlich das letzte Reh im ganzen Gebiet gebraten.“ sagte der Ältere der beiden Thorns, die ich eigentlich noch nie richtig leide konnte, wenn es drauf ankam waren wir aber füreinander da, wie es sich in unserer Talgemeinde so gehörte.

Ich senkte meinen Kopf, Raolf hatte den harten Untergrund für mich mit einer Decke ausgelegt. Ich hatte wahnsinniges Glück, dass sie noch am Leben waren. Ich ließ sie vor drei Tagen im Wald zurück, dachte ich mir, obwohl sie mich baten, mit ihnen zu jagen. Sie waren die langsamsten, wofür ich sie verspottet hatte, und nun hielten sie mir eine Keule des letzten Nahrungsvorrates vor den Mund.

„Iss! Du musst wieder zu Kräften kommen. Morgen ziehen wir hier weg. Wir suchen uns irgendwo anders eine Bleibe. Hier in der Nähe.“

Der nächste Morgen kam, und sie waren bereit, mich zu tragen. Doch ich konnte bereits wieder laufen, meine Schuhe hielten einen Großteil der Verbrennungen zurück, als ich auf dem Scheiterhaufen stand.

Wir waren einige Tage unterwegs und ernährten uns von den Resten des Rehs und dem Beinfleisch meines Wildschweins. Irgendwann habe ich mich nachts, heimlich, als sie schliefen, von unserem Lagerfeuer entfernt. Sie sollten mich nie wieder sehen. Lediglich ihre Anschriften nahm ich mit, um ihnen irgendwann einmal zu danken, doch momentan wollte ich nicht gesehen werden. Ich war einst einer der größten Männer unseres Dorfes, nun war ich ohne Begleitung hilflos. Mit diesen Bildern sollten sie mich nicht in Erinnerung halten, nicht so.

Von diesem Zeitpunkt an hatte ich keinen Namen mehr. Ich habe alles verloren, meine treue Familie, das Haus, dass ich eigenhändig Stein für Stein erbaut habe und vor allen Dingen – meine Ehrfurcht. Ich war nun ein gesetzloser Tunichtgut, der einsam durch die kalten Winterwälder stapfte, auf der Suche nach einem neuen Leben. In dieser Zeit habe ich viel nachgedacht. Endlich konnte ich mich auf die Ereignisse der letzten Tage konzentrieren. Ich weinte sehr viel und schrie in die Gebirgspässe, ließ mir das Echo gegen das Gesicht schleudern. Ich flehte die Götter um Beistand an, doch niemand erhörte mich. So bin ich also gelaufen, gelaufen und gelaufen, bis ich in weiter Ferne die Lichter einer Stadt sah.

Nun bin ich hier, in der Hoffnung, wieder ein Mann sein zu können.