Bright Eyes Lifted or The Story Is In The Soil, Keep Your Ear To The Ground

1. The Big Picture / 2. Method Acting / 3. False Advertisings / 4. You Will. You? Will. You? Will. You? Will. / 5. Lover I Don't Have To Love / 6. Bowl Of Oranges / 7. Don't Know When But A Day Is Gonna Come / 8. Nothing Gets Crossed Out / 9. Make War / 10. Waste Of Paint / 11. From A Balance Beam / 12. Laura Laurent / 13. Let's Not Shit Ourselves (To Love And To Be Loved)

Wir schreiben das Jahr 2002, und Conor Oberst mit seinen paar wenigen Jahren Lebenserfahrung hat den Ruf als Jammerlappen of the World schon weg. Dank seinem letztem Solo-Album "Fevers and Mirrors", auf dem wir uns die geballte Ladung Selbstmitleid anhören durften, geht der Knabe jetzt offiziell als Weichei durch. Aber hier geht es ja erstmal um Lifted..., die Nachfolgeplatte.
Keine Frage, geheult wird nach wie vor, und zwar richtig derb. Der Fokus liegt diesmal allerdings nicht mehr auf dem entflohenem Wiesel, dem der Conor auf dem letzten Silberling noch hinterhergetrauert hat, nein, mit Bright Eyes wird wieder die ganze Welt besungen. Was dabei rauskommt, ist alles, aber auf keinen Fall uninteressant.
Werden wir auf dem ersten Track noch mit kratzigen Autofahr-Aufnahmen zugedudelt, bei denen sich der Herr mit der Gitarre auf dem Rücksitz vergnügt und seine Kunst in beseeltem Herumschreien zelebriert, geht es auf den folgenden Tracks genau in die entgegengesetzte Richtung.
Auf Lifted... bedienen sich Bright Eyes diesmal nämlich an einer recht beschaulichen Sammlung an Instrumenten. Lo-Fi Songs, mit dem Dreispurrekorder am Nachttisch aufgenommen, bestimmen nicht mehr länger das Gesamtbild. Hier hören wir erstmals, wie der Wunderbursche von Geigen, Bässen und Bläsern begleitet wird. Der Charme der Songwriter-zu-Audienz-Beziehung geht allerdings keine Sekunde verloren, und mit ein-zwei Home-Records wird der Hörer immernoch bedient. Das klingt nicht nur spannend, das klingt umwerfend.
Eines kann ihm sowieso niemand absprechen: das Ohr für wunderschöne Melodien. Stücke wie "Method Acting" oder das grandiose "False Advertising" mit seinem Walzer-Klangteppich sitzen sofort, eingängige Musik mit Hirn at its best! Dass der Kerl eine Macke hat, hört man hier und da natürlich auch, sonst wär's ja nun kein Bright Eyes Album. Aber die plötzlichen Ausraster des Schreihalses muss man eben lieben oder hassen. Ähnlich wie mit dem Mittelpart aus "False Advertising", bei dem sich ein Bandmitglied (weiblicher Zunft) mal eben verspielt, das Lied unterbricht um sich zu entschuldigen, und der gute Oberst nach einem kurzen Anzählen einfach wieder ins Geschehen springt, mitsamt dem Walzer-Orchester. Hui!
Textlich sind wir längst nicht mehr auf Teenage-Angst [sprich: tienäidsch ängst] limitiert, hier geht es auch mal um ganz knuffige Lovestories, das Leben im Showbiz oder eben um den Weltuntergang. Die gewohnte Portion Schmerz ist trotzdem wieder an Bord, das düster-hübsche "Lover I Don't Have To Love" wirft gar mit Zeilen wie "Where is the kid with the chemicals? // I thought he said to meet him here, but I'm not sure // I got the money if you've got the time" um sich, um in der letzten Zeile festzustellen, dass Liebe nichts weiter ist, als "an excuse to get hurt".

Wenn man Liebe zu Musik aufbauen kann, was ja durchaus möglich ist, dann schrei ich jetzt mal ganz unbeholfen in Conor's eigenen Worten: "then hurt me!"

Gefällt dir bestimmt, wenn du auf Ryan Adams stehst.

Offizielle Homepage des Plattenlabels "Saddle Creek" mit Bright Eyes als Vorreiter:
http://www.saddle-creek.com/


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